Zur Eintragungsfähigkeit von Bauabstandsnachsichtserklärungen im Grundbuch

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Gemäß § 7 Abs 1 lit a des Vorarlberger Baugesetzes kann die Baubehörde eine Abstandsnachsicht erteilen, wenn die Interessen der Sicherheit, der Gesundheit sowie des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes nicht beeinträchtigt werden und überdies der betroffene Nachbar zustimmt.

Oft kommt es vor, dass ein Nachbar zur Erteilung einer Bauabstandsnachsicht für ein konkretes Bauvorhaben nur bereit ist, wenn im Gegenzug der Grundstückseigentümer seinerseits ihm eine Bauabstandsnachsicht für ein zukünftiges Bauvorhaben erteilt.

Es werden dann Vereinbarungen über die Erteilung einer wechselseitigen Bauabstandsnachsicht getroffen.

Zu beachten ist zunächst, dass derartige vertragliche Bauabstandsnachsichten für zukünftige, noch nicht konkretisierte Bauvorhaben den Voraussetzungen des § 7 Abs 1 lit a Vorarlberger Baugesetz nicht genügen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Ra 2018/06/0051; 2010/06/0090; 2008/06/0186; 2008/06/0104) muss die Zustimmung zu einer Abstandsnachsicht im Sinn des § 7 Abs 1 lit a Baugesetz zu einem konkreten Bauprojekt erfolgen, eine bloß „grundsätzliche Zustimmung“ entspricht diesen Voraussetzungen nicht. Verfügt daher der Bauwerber nur über eine grundsätzliche Zustimmung des Nachbarn aufgrund einer nicht konkretisierten Bauabstandsnachsichterklärung und verweigert dann der Nachbar die Zustimmung zum konkreten Bauvorhaben, so muss der Bauwerber seinen Nachbarn zivilrechtlich auf Erteilen der Zustimmung klagen.

Da ein Bauvorhaben in der Zukunft oft erst in vielen Jahren umgesetzt wird und bis dahin die Eigentumsverhältnisse an den benachbarten Grundstücken sich ändern können, wurde in der Vergangenheit der Versuch unternommen, die Verpflichtung zur Erteilung einer Bauabstandsnachsicht als Dienstbarkeit oder als Reallast im Grundbuch einzutragen.

Diesem Versuch wurden aber seitens des Obersten Gerichtshofes Schranken gesetzt.

So vertritt der OGH in ständiger Judikatur die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Erteilung einer Bauabstandsnachsicht nicht als Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen werden kann, weil die Abgabe einer derartigen Zustimmungserklärung im Bauverfahren ein aktives Tun darstelle (5 Ob 16/07z; 5 Ob 151/17t).

Auch als sogenannte Reallast sei die Verpflichtung zur Erteilung der Zustimmung zu einer Bauabstandsnachsicht nach Auffassung des Höchstgericht nicht im Grundbuch eintragbar, weil eine derartige Verpflichtung weder periodisch zu erbringen sei noch mit dem Ertrag der Liegenschaft in Zusammenhang stehe und es ihr auch am Versorgungscharakter mangle (5 Ob 218/02y; 5Ob 123/20d; 5 Ob 145/20i).

Es empfiehlt sich daher in der Vertragspraxis, dafür Sorge zu tragen, dass die wechselseitige Verpflichtung zur Erteilung einer Bauabstandsnachsicht auch für Rechtsnachfolger gilt und eine Überbindungsverpflichtung an Rechtsnachfolger vertraglich fixiert wird. Diese Überbindungsverpflichtung kann allenfalls mit Vertragsstrafen abgesichert werden.

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